FRAGEN
1. Lisa ist seit über einer Woche in
Österreich. Sie ist gekommen, um auf einem Boot zu reisen. Sie war
bis jetzt erst 1 Stunde auf dem Wasser. Wir haben uns in 8 Tagen 8 km
weit bewegt. Das ist 1 km/Tag, wie viel ist das in km/h?
2. Zuvor waren wir schon langsam. Nun
setzte sie ein, die totale Entschleunigung. Stillstand. Warten. Kann
man das noch Reisen nennen, wenn man sich nicht vom Fleck bewegt?
3. Sollen wir bleiben, oder gehen?
Anders weiter ziehen?
4. Wir nennen uns Anti-Krisenprojekt
und sagen, dass wir aus Problemen mit Hilfe von Kreativität neue
Möglichkeiten entwickeln wollen. Nun haben wir sie erlebt, die
Krise, und sie war noch kritischer, als wir es uns erträumt hatten.
Was war das nun? Theoretische gefestigter, redegewandter Idealismus,
oder ist das auch alltagstauglich?
5. Wir sind kapitalismus- und
konsumkritisch. Jetzt sitzen wir seit 6 Tagen in einem Jachtclub und
trinken Bier zu Clubpreisen. Haben wir damit bewiesen, dass wir für
ein Mehr an Komfort dankbar unsere Ideale aufgeben?
REFLEXIONEN
1. In diesem erzwungenen Stillstand
gleichen wir Ideal & Wort mit Realität & Tat ab. Willst Du
das wirklich, diese Reise die Donau hinunter mit einem selbstgebauten
Boot - oder erzählst du dir gern eine Geschichte, in der du
vorkommst als strahlend mutig wild und gerissen?
2. Komfort ist schön, doch dann kommt
der Durst nach Donauwasser. Zu viele Annehmlichkeiten machen träge,
die Muskeln fangen an, wieder weich zu werden.
3. Als wir kurz davor sind, die
Hoffnung aufzugeben, treffen wir Menschen, die uns unterstützen und
an uns glauben. Unser sehr improvisiertes Vehikel lädt andere dazu
ein, sich in unser Projekt einzubringen. Manche Leute machen uns
Angst. Doch wir treffen immer mehr, die die Donau gut kennen oder die
die Strecke schon einmal gefahren sind. Die bestärken uns eher und
schwärmen von ihren Erlebnissen.
4. Franz sagte uns, ich reise gerne so,
doch ich kann mich dazu entscheiden, weil das Geld für einen Urlaub
mit Hotel und Essen gehen, das habe ich in der Tasche.
Wir haben nur wenig Geld. Und dennoch
haben wir viele Optionen, die wir in der Nacht in der er sich dazu
entschloss, uns zu helfen, durchspielten. Alle klangen eigentlich
sehr verlockend:
Trampen auf der Straße
Trampen auf dem Fluss
In kleinen Gruppen oder einzeln, als
eine Art Rennen in dem wir gegeneinander antreten.
Hand gegen Koje (Kost und Logis durch
Arbeit auf einem Frachtschiff erarbeiten)
5. Wir bekamen einen Überblick über
unsere Möglichkeiten und Optionen, und mussten sie abwägen:
Durchhalten Genuss
Herausforderung Weiterziehen
Geld ausgeben für eine
Profireparatur Selbst reparieren
Einzelentscheidung, jeder für sich
Gruppe bleiben
Einzelkämpfer Das Boot fahren, was
nur gemeinsam geht
6. Ein sehr schöner, sehr exklusiver
Motorboot- und Jachtclub hat uns seine Türen geöffnet. Wir fallen
dort ein, als bunter Haufen, mit unseren Wäscheleinen und der
Hängematte. Immer hatten wir gedacht, werden wir solche Orte nur aus
der Ferne betrachten können. Jetzt sind wir mitten drin, erleben
Menschen die das Herz am richtigen Fleck haben, die uns überhaupt
nicht von oben herab betrachten. Wir lernen uns kennen, Menschen, die
sich sonst vielleicht nie begegnet wären, werden an der Donau zu
Flussmenschen. Unsere Gemeinsamkeit ist das Wasser, die Erzählungen
über Schleusen, Sandbanken und gute Tipps für Nachtlager.
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