Samstag, 20. Juli 2013

10. ABLEGEN

Durch die großzügige Spenden von fünf Schwimmwesten durch Bernhard Fuchs und die Leihgabe von vier Paddeln durch das Kloster Metten, steht der Fahrt nun nichts mehr im Wege.

Das Boot liegt beim Motorbootclub Metten schon seit zwei Tagen im Wasser. Sonntag Vormittag um 11.00 Uhr legen wir ab und treffen den Rest der Crew in Wien.

Ab jetzt beginnt sie, die Reise. Berichte werden folgen.


09. REPERATUR

Das Boot wurde frisch gestrichen.







Der Deckel für die Spitze, eine Sitzbank, die Sitzfläche der hinteren Bank und der Tisch lagen im Hochwasser. Die eine Bank ist verdorben. Deckel, Sitzfläche und Tisch wurden durch das Heizöl im Wasser geschützt. Weil man es das unlackierte Holz mit hässlichen Flecken überzieht, hat Sergio es komplett mit Heizöl eingepinselt. Danach wird es abgewischt und drüber lackiert.


Wir danken dem Zweckverband Donauhafen, für ihre freundliche Unterstützung!







Was wir verwendet haben

Weiße Wandfarbe (0 Euro, geschenkter Rest)
Bunte Lackfarbe (0 Euro, zum Ausbessern von Kratzern von den Autos meiner Familie, die sie schon seit Jahren weiterverkauft haben)
Heizöl (0 Euro, gefunden)

08. NACH DEM HOCHWASSER & PROTESTE IN ISTANBUL

HOCHWASSER

Das Donauhochwasser hat Deggendorf besonders hart getroffen. Quetzal hat die Fluten beinahe unbeschadet überstanden.Das hier sind Bilder vom Boot, während der Flut.

In der baufälligen Halle dahinter lagerten Bootsteile und Zubehör. Ein Teil davon ist von Ölschlamm und Wasser verdorben. Das Segel blieb wie von Zauberhand stehen und ist weiß geblieben. Die Reparaturen kommen gut voran. Mitte Juli stechen wir in See. 



Das Hafengelände


TAKSIM SQUARE

Gleichzeitig herrscht Aufruhr in Istanbul. Umut, eins unserer Crewmitglieder ist gerade dort. Das Bild stammt von seiner Facebookseite.

11.6.13, Taksim Square


Beide Ereignisse zeigen uns folgendes: Dass vielleicht gerade der schlechteste - oder auch der beste Zeitpunkt für unsere Reise ist.

07. DIE CREW

Im Mai 2013 kamen Sergio und ich zurück nach Deutschland, um die Bootsreise vorzubereiten. Statt nur uns beiden wird nun eine ganze Mannschaft den Fluss stromabwärts fahren: Unsere Gruppe besteht jetzt aus neun Personen - alles junge Künstler - aus Mexiko, Italien, Spanien, der Türkei und Deutschland. Wir werden auf auf Quetzal und Begleitfahrrädern gen Istanbul reisen.
 

Alessandra Lina Manzzini, Fotografin
Fiona Ebner, Autorin
Lisa Herms, Performerin
Silvia Rossi, Filmemacherin
Paida Larsen, Künstler
Sergio Abimael Diaz Alcaraz, Künstler
Umut Vedat, Fotojournalist

06. DAS BOOT ALS KUNSTOBJEKT



Quetzal wurde 10 Tage bei dem Kunstfestival TamTam in Deggendorf ausgestellt




Festivalbesucher besprühten spontan das Boot.

05. MAI 2013, RÜCKKEHR




Passauer Neue Presse, 11.5.2013


Der Artikel 


Den Winter über hatte das Boot im Garten von Georg Vogel und seiner Familie gelegen. Mit Hilfe von Matthias Stadler. der das Tam Tam Festival organisiert hat, wurde es in die Ausstellungshalle am Hafen geschafft. Danke Georg Vogel, Matthias, alle Helfer und Herrn Billmeyer.
 

04. MIT DEM BOOT NACH INDIEN



Am 8.10.2012, nachts am Donaustrand

Am 9.10.2012, morgens auf der Donau

Am 9.10.2012, nachmittags am Donaustrand

Nach drei Monaten, in denen Sergio und ich täglich an Quetzal gebaut hatten, war das Boot fertig. Wir hatten anfangs gehofft, es nur in einem Monat schaffen zu können. Weil unser Baumaterial aus zum Teil sehr krummen und schiefen Brettern bestanden hatte, hatten wir alles sehr vorsichtig und zeitaufwändig gemessen und verarbeitet. Es war kalt geworden, der Herbst war angebrochen. Nach einer Probenacht im Zelt am Strand wurde uns klar, dass wir nicht die ganze Tour würden machen können. Trotzdem, mit Hilfe von Freunden und Nachbarn brachten wir das Boot Anfang Oktober zu Anbruch der Dunkelheit an den Strand.

Durch eine Verkettung von unglücklichen Zufällen führte in dieser Nacht Eins zum Anderen:
Die Autobatterie war leer, weil wir unser Zelt im Scheinwerferlicht aufgebaut hatten.
Das Fahrzeug blieb am nächsten Tag beim Versuch es anrollen zu lassen im Kies auf dem Strand stecken. Wir ließen es fremdstarten und zerrten es wieder heraus.
Als wir Quetzal ins Wasser schoben, begann es nach einigen Minuten tiefer zu liegen, sank langsam ab. Es hatte beim unsanften Aufsitzen auf ein Metallteil beim Transport ein Leck geschlagen. Gemeinsam schafften wir es wieder an Land.

Die Wasserschutzpolizei, die vormittags auf dem Fluss Streife fuhr, hatte also dreierlei Gründe, misstrauisch zu werden:
1. Ein seltsames, selbstgebautes Boot.
2. Unerlaubtes Parken auf dem Kies. (10 Euro)
3. Unerlaubtes Campen am Strand. (10 Euro)

Nachdem sie einige Male die Donau auf und ab gefahren waren und uns gemustert hatten, kamen sie am späten Vormittag mit dem Auto angefahren. Das Boot erinnerte sie an einen Elefanten. Dass wir Segeln nur theoretisch beherrschten, grub tiefe Grübelfalten in ihre Stirnen. Ganz koscher waren wir ihnen nicht, sie hatten ja schon vieles gesehen, das sei mit Abstand der dillettantischste Versuch. Sie lachten über unsere Naivität. Die Polizisten rieten uns, die Reise auf wärmere Temperaturen zu verschieben, zeigten sich aber sehr besorgt um unsere Gesundheit.


Anstatt die Donau zu befahren, nahmen wir den nächsten billigsten Flug, den wir finden konnten und flogen nach Jordanien. Wir verbrachten fünf Monate im Middle East und zwei in Asien. Wir wohnten bei Freunden oder machten Couchsurfing. Um die Reise finanzieren zu können, arbeitete wir in den Ländern, die wir besuchten-bekamen dafür Geld oder Kost und Logis. Weil wir Lust darauf hatten, Menschen kennenzulernen und großes Interesse für Sprache und Kultur zeigten, wurden wir oft eingeladen.

Kosten
ca. 3500 Euro, für 2 Personen, für 7,5 Monate, inklusive Flüge.
Länder - Jordanien, Israel, Ägypten, Nepal, Indien






03. BOOTSBAU



Juli 2012. Das Modell.
Struktur 1


Struktur 2



August 2012. Hohlräume mit Styropor gefüllt, Klickparkett in der Spitze


Dünne Spanplatten werden mit Nägeln befestigt




September 2012. Starke Regenfälle, der Herbst setzt ein. Bau eines Arbeitszeltes aus Plastikfolie

Die Aussenhülle wurde mit Glasfaser umkleidet

Oktober 2012. Nähen des Segels

Zuschneiden des Segels


Segel aufgespannt

Frisch gestrichen


02. WIE ES ZU DER IDEE KAM


Frühjahr 2011. Bei einem Spaziergang am Kanal in Berlin, sprachen Sergio und ich über unsere geplante Reise, deren erste Station Istanbul sein sollte. Wir überlegten, wie man am interessantesten in die Türkei kommen konnten. Im Wasser vor uns ankerten mehrere kleine Hausboote. Sergio sagte, halb im Scherz: Ich kann ein Boot bauen. Ich fand die Idee großartig und erzählte allen unseren Freunden davon. Die attestierten uns Größenwahnsinn und fanden, dass das nicht möglich sei, weshalb Sergios Erfindergeist ungeheurer stimuliert wurde. Und aus Witz wurde Ernst.

Wir teilten die Aufgaben auf. Ich verdiente am Theater unseren Lebensunterhalt. Er recherchierte zwei Monate lang in Internet und Bibliothek, malte Zahlen und Bilder auf Papier - und hatte am Ende ein Boot entworfen, das groß genug war, um uns und unser Gepäck die Donau hinunter bis zum Delta zu tragen. Das Modell aus Obstkistenholz, im Maßstab 1:10, schwamm im Bach wie eine Eins. 
Im Sommer verschenkte ich meinen Besitz, bis auf drei Kisten. Die Wohnung wurde aufgelöst und Sergio und ich gingen nach Bayern, wo wir im Garten meiner Familie neben dem Hühnerstall anfingen zu hämmern und zu sägen.
Wir bauten das Boot aus Recyclingmaterial. Das, was andere nicht mehr brauchten, ihnen zur Last fiel, weil es ihre Garagen und Speicher blockierte, war für uns wertvolles Baumaterial. Das meiste Holz fanden wir bei meiner Familie. Reste von Umbauten, vom Zaun, das alte Bett meiner Eltern, eine Tür. Die Nachbarn wurden neugierig und spendeten Dachlatten. Bekannte gaben Restholz und Klickparkett. Am Schluss kauften wir etwas dünnes Sperrholz, Glasfaser und Polyesterharz.

Bootsfakten
Maße - 4,5 x 1,6 m
Material - Holz, Styropor, Glasfaser
Antrieb - Ruder, Segel
Zeit um es zu bauen - drei Monate 
Kosten - 350 Euro




01. DIE VORGESCHICHTE

Das Jahr 2011 neigte sich dem Ende zu. Folgen sollte das Jahr 2012, der totalen Katastrophe. Am 21.12.12 sollte die Welt untergehen (so wie wir sie kannten).

Es glaubte zwar niemand so richtig daran, nur wurde es durch die Wirtschaftskrise und zahlreiche andere Katastrophen scheinbar wirklich brenzlig.

Finger krallten sich ängstlich in Hab und Gut – man wollte nichts verlieren und erstarrte vor Abscheu vor denen, die noch weniger hatten - den Obdachlosen, den Tagedieben, auch den “Harzern”. Alles um mich herum schrie immer lauter: Stress! Burnout! Desaster! Und verschrieb Johanniskraut- und Baldrianpastillen dagegen. Apokalytische Reiter preschten durch die Hirne, Bäuche verkrampften sich zu panischen Magengeschwüren, Kehlen wurden eng und rangen sich immer häufiger ein: “Eigentlich gehts mir gut, aber..” ab. Und alle machten trotzdem weiter wie bisher, nur mit tieferen Ringen unter den Augen.

So kam mir meine Umgebung in Deutschland vor: Komisch angespannt und überarbeitet, wenig Passion oder Lust auf Abenteuer. Ängstlich.
Sollte ich mich von der Panik anstecken lassen? Eine private Rentenvorsorge anlegen? Ein Business gründen? Tabletten nehmen? Über mein Unwohlsein Lieder singen?
In einem Kirchenchor in Berlin Kreuzberg, in dem wir die Dreigroschoper probten, kam Sergio, der Reisende aus dem exotischen Land in dem die Menschen wenig haben, aber sehr lustig sind.

Wir verliebten uns, das war das Eine.
Das Andere war, er bat an, mir zu helfen, die Projekte zu koordinieren, die mir vorschwebten. Wir saßen in der AmerikaGedenkBibliothek, aßen Gemüse aus der Tuppabox und schmiedeten meine Pläne. Alles war machbar.
Man brauchte nur eine gute Organisation. Struktur.


Ich hielt inne. Denn in mir kam diese Müdigkeit, die kommt, wenn man sich nach sehr viel Aufregung und Engagement eingestehen muss, dass man an das, was man gerade zu mögen behauptet, selbst nicht mehr aus vollstem Herzen glaubt.

Da war noch nicht genug, ǘber das ich hätte erzählen wollen. Ich wollte noch was erleben. Und zwar außerhalb der Kunst-Theater-Welt. Der Deutschen. Ich wollte mehr, als Projekte über Projekte zu machen und mich in den Deutschen Kunstmarkt einzugliedern. Ich wollte über den Tellerrand blicken. Mich mit Erfahrung vollfuttern, für mehr Treibstoff in meinem Herzen.

Also sagte ich: Weißt du was, ich würde viel lieber mit dir kommen, auf eine große Reise. Mit ohne Geld, mit Abenteuer und Vertrauen darin, dass man glücklich sein kann, wenn man nur will. Hand drauf.

Sollte die Welt (so wie wir sie kannten) ruhig unter gehen, wir waren freudig gespannt auf das, was danach kommen würde.